Politische Teilhabe durch Lesen und Schreiben

Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben beeinflussen auch die politischen Aktivitäten der Erwachsenen mit geringer Literalität. Es wird davon ausgegangen, dass aufgrund ihrer geringen schriftsprachlichen Fähigkeiten gering literalisierte Erwachsene zumindest teilweise von politischer Teilhabe (Bsp. Wahlen) ausgeschlossen sind. Schließlich erfordern viele politikbezogene Handlungen schriftsprachliche Kenntnisse.

Als Beispiel:

  • Lesen und verstehen von aktuellen Nachrichten (Zeitungen)
  • Lesen und verstehen der Wahlunterlagen
  • auch im Hörfunk oder Fernsehen werden politische Themen meist in Bildungssprache diskutiert, sodass bestimmte Personen von der Diskussion ausgeschlossen werden oder das Interesse daran verlieren

Aber die überwiegende Mehrheit der Erwachsenen mit geringer Lese- und Schreibkompetenzen ist nicht uninformiert oder pauschal desinteressiert. Sie oder bildungsbenachteiligte Personen haben durchaus Interesse für Politik, insbesondere bei Themen, die sie selbst betreffen. Andererseits fühlen sie sich von Politik ausgeschlossen und nicht zur Meinungsäußerung legitimiert.

Wählen ist ein Grundrecht für Bürger und Bürgerinnen. Das Recht, zu wählen, gehört zu den wichtigsten Rechten, die Bürger und Bürgerinnen in Deutschland haben. Durch Wahlen kann jede und jeder in der Politik mitbestimmen. Doch was, wenn man nicht ausreichend schreiben und besonders lesen kann,

  • um eine begründete Wahlentscheidung zu treffen,
  • an Diskussionen über politische Themen teilzunehmen
  • oder sich in einer Partei zu engagieren?

52 % der gering literalisierten Erwachsenen geben an,

sich wenig oder gar nicht für Politik zu interessieren.

Vgl. LEO-Studie 2018

Politische Grundbildung – Theoretische und empirische Annäherungen

Anke Grotlüschen I 2016

"Der Artikel fragt, ob eine auf arbeitsorientierte Grundbildung ausgerichtete Forschung und Politik Felder ausschließt, die emanzipatorisches Potenzial für die Teilnehmenden haben und in denen es auch immer wieder verfehlt wird, gering gebildete, geringqualifizierte oder gering literalisierte Bevölkerungsgruppen anzusprechen – die politische Grundbildung.

Hierzu wird zunächst auf Gegenwartsanalysen zugegriffen, die eine Krise der Demokratie konstatieren und diese durch materielle Verteilung und ihre Legitimation erklären. Darauf aufbauend wird die Kritik einer Chancengleichheit rezipiert, die Verteilungsungleichheit legitimiere.

Daraus resultiert die These einer „aufgekündigten Reziprozität“, welche die Solidarität unterschiedlicher Gesellschaftsschichten1 untergräbt. Dem werden Befunde auf Basis der PIAAC-Studie gegenübergestellt, mit der das Verhältnis von Literalität und politischer Wirksamkeit, sozialem Vertrauen und freiwilligem Engagement gezeigt werden kann. Die Ergebnisse werden mit den Freiwilligen-Surveys und Shell-Jugendstudien kontrastiert.

Anschließend wird das Problem von Rechtspopulismus und politischer Wirksamkeit diskutiert, um das Vorurteil, Marginalisierung determiniere rechtspopulistische Gesinnungen, zu differenzieren."

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Politische Grundbildung I Inhalte - Zielgruppen - Herausforderungen

Barbara Menke, Wibke Riekmann I 2017

In der Fachdiskussion um Grundbildung und in der praktischen Bildungsarbeit ist die Dimension politischer Grundbildung bisher wenig beachtet. Der Sammelband bringt diese Diskussion voran und verfolgt eine Annäherung an Inhalte, Begriff und Zielgruppen sowie an die praktische Umsetzung politischer Grundbildung.

Politische Grundbildung verfolgt das Ziel, Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen von politischer Teilhabe ausgeschlossen sind oder ausgeschlossen werden, eine bessere politische Partizipation zu ermöglichen. Die Beiträge regen dazu an, Grundbildung kritisch zu reflektieren. Darunter fällt auch die Kernfrage, wer mit welchen Interessen (politische) Grundbildung definiert, fördert und ausgestaltet.

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ALFA-Forum zum Thema 

politische Grundbildung

In diesem ALFA-Forum lesen Sie theoretische und praktische Annäherungen an das Thema „Politische Grundbildung“. Gregor Dutz et al. stellen Ergebnisse der LEO-Studie 2018 vor, wonach gering literalisierte Erwachsene seltener wählen. Interessiert sie Politik also tatsächlich nicht? Die Autorinnen und Autoren warnen davor, aus den Daten kausale Zusammenhänge zwischen geringer Literalität und politischer Partizipation abzuleiten. Gleichzeitig deuten die Ergebnisse an, dass gering literalisierte Erwachsene nicht mit dem Etikett der politisch Desinteressierten versehen werden sollten. Ein Problem scheint eher das fehlende Gefühl der politischen Selbstwirksamkeit zu sein.Weitere Informationen